Feuer und Flamme für die olympische Idee vom großen Geschäft – Da wird nicht lange gefackelt, sondern einfach weggefegt

Die Exil-Tibeter haben nicht lange gefackelt. Als das Olympische Feuer durch London oder Paris getragen wurde, sind sie den Fackelträgern in den Arm gefallen und haben versucht, die Flamme auszulöschen. Wegen der Besatzung Tibets steht China nun kurz vor Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking am Pranger.

Die Situation tibetanischer Kinder ist am Dienstag (6. Mai) auch Thema einer Dia-Show in der Marburger Stadthalle. Fast ist Tibet zu einem Mode-Thema geworden. Dabei liegt der Einmarsch chinesischer Truppen in Lhasa zwischenzeitlich schon mehr als 50 Jahre zurück.

Die Olympischen Spiele in der chinesischen Hauptstadt aber haben der Kritik an der chinesischen Regierung wieder neuen Auftrieb verschafft. Wieder und wieder werfen skeptische Kommentatoren und nachdenkliche Zeitgenossen die Frage auf, ob man diese Spiele nicht besser boykottieren sollte.

Ein Vergleich mit den Olympischen Spielen 1936 in Berlin liegt geradezu in der Luft. Damals hatte das verbrecherische Nazi-Regime sich der Welt als freundlicher Gastgeber präsentiert. Olympia wurde zur gigantischen Propaganda-Schau für den „friedliebenden Staatsmann“ Adolf Hitler.

Doch Vergleiche hinken. Auch wenn es ausgerechnet die Nazis waren, die den olympischen Fackellauf eingeführt haben, unterscheiden Welten das Berlin des Jahres 1936 und die damalige deutsche Regierung vom Peking des Jahres 2008 und den dortigen Machthabern. Millionenfachen Massenmord in industriellem Stil planen sie ganz gewiss nicht.

Doch China ist das Land mit den meisten Hinrichtungen weltweit. Meinungs- und Pressefreiheit genießen die Chinesen nur, solange sie sich nicht allzu kritisch äußern. Systematisch lässt die chinesische Regierung das Internet überwachen.

Auch die Spiele selbst haben die Herrschenden mit brutaler Gewalt durchgezogen: 1,3 Millionen Menschen wurden umgesiedelt. 400.000 Obdachlose wurden buchstäblich von der Straße gekehrt, um Peking zu „säubern“.

800 Regime-Kritiker wurden vorsorglich inhaftiert. Während der Spiele soll nichts den „Olympischen Frieden“ stören.

Das freundliche Grinsen der chinesischen Veranstalter ist eine geliftete Grimasse. Dieses Lächeln ist eiskalt und heuchlerisch. Es verhöhnt all jene, denen diese Spiele nur Verdruss, Obdachlosigkeit oder Gefängnis eingebracht haben.

Von einem Boykott der Spiele halten die meisten Kommentatoren dennoch nichts. Er treffe allein die Athleten, heißt es immer wieder.

Diese Argumentation ist aber nicht die ganze Wahrheit. Denn ein Boykott der Spiele träfe vor allem die Investoren. Längst ist der medienwirksame Aufmarsch der „Jugend der Welt“ nämlich ein gigantisches Geschäft.

Um seine Pfründe zittert deswegen auch das Internationale Olympische Komitee (IOC). Dessen Präsident Jacques Rogge hat den „Pakt mit dem Teufel“ schon geschlossen, als er die Spiele nach Peking vergab.

„Augen zu und durch!“ Dieser Devise folgen Rogge und seine IOC-Kollegen nun in skrupelloser Ignoranz.

Einen Rest Aufrichtigkeit möchten zumindest einige Athleten dennoch bewahren. So hat die Fechterin Imke Duplitzer angekündigt, sie werde die Eröffnungsfeier boykottieren.

Die Fernseh-Zuschauer hat sie aufgerufen, die Übertragung der Eröffnung nicht anzuschauen. Damit könnten sie nicht nur gegen Chinas Tibet-Politik protestieren, sondern auch gegen die Kommerzialisierung der Spiele. Denn gerade die Eröffnungsfeier nutzen die meisten Sponsoren als Plattform für ihre Selbstdarstellung.

Diese Fechterin verfügt wirklich nicht nur über einen scharfen Degen, sondern auch über einen scharfsinnigen Verstand. Die Vergabe der Spiele im Vier-Jahres-Rhythmus an immer andere Veranstalter ermöglicht Baufirmen und Werbetreibenden, Logistikern und Lügnern ein regelmäßiges gigantisches Geschäft. Da soll niemand sich wagen, denen in die Suppe zu spucken!

Korrupten oder darstellungssüchtigen Regimes öffnen die Olympischen Spiele alle Fernseh- und Rundfunkkanäle der Welt. Korruption kann man auch da nie völlig ausschließen.

Angesichts dieser Entwicklung wäre es wohl besser, die Olympischen Spiele fänden alle vier Jahre in unmittelbarer Nähe ihres historischen Entstehungsorts statt. Dann müssten auch nicht alle vier Jahre riesige Stadien gebaut und vierspurige Straßen durch Städte geschlagen werden, die sich auf einen heftigen Touristen-Ansturm vorbereiten. Auf diese Weise könnte man viel Geld für sinnvolle soziale Zwecke oder zur Bekämpfung des Hungers sparen.

Olympia liefe dann zwar nicht mehr wie geschmiert, dafür aber reibungslos. Vielleicht stünde dann ja statt der Gier nach dem großen Geschäft und der publikumsträchtigen PR sogar die Olympische Idee vom fairen Wettkampf der Athleten im Mittelpunkt.

Franz-Josef Hanke

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